– der Beginn der Turnbewegung unter Turnvater Jahn
Die Turnbewegung entstand in der Zeit, als Napoleon ganz Europa beherrschte und sollte die Menschen dazu befähigen, in den kommenden Befreiungskriegen den Sieg davonzutragen und die deutschen Kleinstaaten von der französischen Fremdherrschaft zu befreien. Die Idee dazu hatte ein damals 33 Jahre alter Lehrer namens Friedrich Ludwig Jahn. Er entwarf Turngeräte und legte 1811 den ersten öffentlichen Turnplatz der Welt auf der Hasenheide in Berlin an, wo er zuerst Schüler um sich scharte und ihnen Übungen zeigte. Um dieser neuen Form der körperlichen Betätigung auch einen theoretischen Unterbau zu geben, verfasste er (mit Ernst Eiselen) 1816 das Buch “Die deutsche Turnkunst”.
Der „Vater des Deutschen Turnens” Friedrich
Ludwig Jahn wurde am 11. August im Jahre 1778 in Lanz bei Lenzen (Mark
Brandenburg) als Sohn eines evangelischen Pfarrers geboren. Er studierte an den
Universitäten Halle, Berlin und Frankfurt und wurde Lehrer und
Erzieher. Als Zeichen des gemeinsamen Wollens tragen die Turner seit Jahns
Zeiten eine einheitliche Turnkleidung. Sechs Jahre vor dem Tode Jahns am 15.
Oktober 1852, wurden die 4 F als Turnerkreuz auf dem Turnfest in Heilbronn
gezeigt. Die 4 F stehen für den Turnerwahlspruch: Frisch, fromm, fröhlich,
frei.
Sein “Turnen” (so der Name, den er seiner Sportart gab) trug
sozialrevolutionäre Elemente in sich: Alle Turner waren per Du und trugen die
gleiche Bekleidung, soziale Klassen gab es auf dem Turnplatz nicht. Sie
bezeichneten sich als “Turnbrüder”, um die enge Verbundenheit auszudrücken, seit
1817 grüßen sie sich mit dem Turnergruß “Gut Heil” und drücken damit aus, dass
der Gegrüßte “heil bleiben” und Erfolg haben solle. Noch heute wünschen wir
unseren Turngeschwistern mit diesem Gruß Glück und Gesundheit.
Im Lauf der Zeit entstanden im gesamten deutschen Sprachraum Turnvereine, die
sich zur “Deutschen Turnerschaft” zusammenschlossen. In Österreich kam es 1860
mit dem “Oktoberdiplom” zur Freiheit der Vereinsgründungen, sodass 1869 bereits
104 Turnvereine bestanden. Diese traten als “Kreisverband der Turnvereine
Deutschösterreichs” 1868 der “Deutschen Turnerschaft” bei.
1893 kam es zu einer Spaltung, aus der der “Deutsche Arbeiter Turn- und
Sportbund” (heute ASKÖ) hervorging, 1911 entstand dann auch aus einer Spaltung
die “Christliche Deutsche Turnerschaft” (heute Sportunion). In der
Zwischenkriegszeit kam es teilweise zu Wiedervereinigungen unter dem Namen
“Deutscher Turnerbund (1919)”, dieser Verband vereinte 1932 825 Turnvereine
unter seinem Dach.
Durch die nationale (großdeutsche) Grundeinstellung der damaligen Turnvereine
waren sie ein leichtes Ziel für die Pläne der NSDAP, bestehende Organisationen
zu unterwandern und für ihre Zwecke zu benutzen. So wurde der Turnerbund eine
der wichtigsten Vorfeldorganisationen der Partei, vielfach waren in den
Turnräten (den Führungsgremien) von Vereinen nationalsozialistische Politiker
vertreten, die nicht davor zurückscheuten, diese ganz offen für
parteipolitische Tätigkeiten einzusetzen. So wurden 1933 in Österreich 64
Turnvereine wegen “nationalsozialistischer Betätigung” aufgelöst, was
allerdings bei einigen 1934 wieder rückgängig gemacht wurde.
Mit dem “Anschluss” Österreichs an das Deutsche Reich fand die Eigenständigkeit
der Turnvereine dann ihr Ende: Sie wurden in den “Deutschen Reichsbund für
Leibesübungen” eingegliedert und durften keine Jugendgruppen mehr betreiben.
Am 26. Oktober 1946 wurden alle ehemaligen Mitgliedsvereine des “Deutschen
Turnerbundes (1919)” als nationalsozialistisch eingestuft und verboten. Ihr
Vereinsvermögen (Turnhallen und -geräte, Grundstücke, …) wurde zugunsten der
Republik eingezogen und sollte nur für turnerische Zwecke verwendet werden.
Ab 1948 fand sich der so genannte “Siebenerausschuss” (der später zum
“Neunerausschuss” wurde) mit dem Ziel zusammen, diese Vermögenswerte für die
teilweise bereits wieder erstandenden Vereine zurück zu erhalten und einen
neuen Dachverband für die Turnvereine zu schaffen, die nicht den
parteipolitischen Organisationen ASKÖ und Sportunion beitreten wollten. Dies
gelang erst am 6. Juli 1952, als der “Österreichische Turnerbund” als völlig
neuer Dachverband, der keine organisatorische Nachfolge der früheren
Turnverbände darstellt, gegründet wurde.
Ab 1949 waren bereits zahlreiche Turnvereine wieder entstanden, die sich daran
machten, ihr Eigentum wieder zurück zu bekommen, was in den meisten Fällen auch
gelang. So stand dem Wiederaufleben des Turnbetriebs nichts mehr im Wege.
Von Jahn zum ÖTB – die Gründung des ÖTB
Am 8. Mai 1952 wurden die Satzungen des
Österreichischen Turnerbundes (ÖTB), der von einigen Vereinen in Wels gegründet
wurde und seinen Sitz in Linz hat, staatspolizeilich und vereinsbehördlich
genehmigt.
Der “Turngau” Oberösterreich veranstaltete von Beginn an Turnfeste um seinen
Mitgliedsvereinen die Möglichkeiten zu bieten, sich miteinander zu messen und
Kontakte zu knpüfen, bereits 1953 fand das erste “Verbandsturnfest” in Wels
statt. Bis heute folgten ihm zwölf weitere Gau- bzw. Landesturnfeste. 1972
begannen in Oberösterreich die Turnfeste für die Turnerjugend: Man traf sich in
Perg, um gemeinsam zu turnen und zu feiern. Seit damals findet alle fünf Jahre
ein Landesjugendturnfest statt.
Am Gauturntag 1993 in Haag am Hausruck wurde beschlossen, die Bezeichung
“Turngau” durch “Landesverband” zu ersetzen, da der Begriff “Gau” nicht mehr
zeitgemäß erschien. Seit diesem Zeitpunkt lautet unser Name also “ÖTB
Landesverband Oberösterreich”, kurz “ÖTB OÖ”.
Ein wichtiger Meilenstein für das Turnen in Österreich war die Schaffung des
ersten einheitlichen Breitenturnprogramms 2008: Der österreichische Fachverband für
Turnen (ÖFT) veröffentlichte das neue
österreichischische Turnprogramm “Turn 10” . An der Entwicklung waren
Turnexperten aus allen Dachverbänden Österreichs (Union, ASKÖ, ASVÖ) beteiligt,
darunter auch einige Mitglieder des ÖTB OÖ. Seitdem boomt das Gerätturnen wie
nie zuvor und seit 2011 verwenden auch alle Schulen das adaptierte „Turn10 Schule“ Programm.